Biogasanlage – das, was auf der Hofstelle Düfelsiek in Brockhagen von weitem auffällt, sind drei große grüne Halbkugeln. Es handelt sich dabei um einen Gär-Fermenter, einen Nachgärer und einen Gärrestbehälter. Sie sind Teil eines großen Gär-Kreislaufsystems. Bei einem Rundgang stellte Landwirt Jörg Düfelsiek Redakteurin Birgit Lutzer die ausgeklügelte Technologie vor.
Auf einen Blick:
- Die Biogasanlage besteht aus mehreren Elementen, die in einem kreislaufartigen Prozess zusammenwirken.
- Der Landwirt „füttert“ die Bakterien in den Gärbehältern mit zerkleinerten Pflanzen und Gülle.
- Das Biogas entsteht über mehrere Gärstufen.
- Fünf gasangetriebene BHKW erzeugen Strom und Wärme auf der Hofstelle Düfelsiek. Ein weiteres befindet sich auf dem Hörmann-Betriebsgelände.
- Der erzeugte Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist, die Abwärme wird ganzjährig auf dem Betriebsgelände genutzt.
- Als Nebenprodukt entsteht warme Abluft, mit der Düfelsiek Holzhackschnitzel trocknet.
Zunächst ein paar Zahlen: An die eigentliche Biogasanlage sind insgesamt sechs Blockheizkraftwerke angeschlossen. Diese erzeugen fünf Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Damit könnte man etwa 1.200 deutsche Durchschnittshaushalte über zwölf Monate mit Strom versorgen. Weiterhin produzieren die BHKW-Motoren beim Betrieb reichlich Abwärme. Das entspricht insgesamt der Wärme, die mit 500.000 Litern Heizöl generiert werden kann.
Aus was die Biomasse besteht
Der braune Brei, mit denen der Betreiber die Bakterien in den Gärbehältern füttert, besteht aus zerschredderten Pflanzen, die mit Gülle angesetzt werden. Er wird als „Gärsubstrat“ bezeichnet. „Neben Mais und Grünschnittroggen baue ich die `durchwachsene Silfie´ an. Deren Blüten sind im Sommer sehr beliebt bei Bienen und anderen Insekten. So entsteht ein biologischer Zusatznutzen“, erläutert er. Bereits bei der Ernte werden die Blätter, Stiele, Maiskolben und Blüten gehäckselt und dann in die Hofeigene Fahrsiloanlage abtransportiert. „Um den Sauerstoff aus dem Erntegut herauszudrücken, fahren wir anschließend mit einem zusätzlich beladenen, schweren Traktor darüber.“
Die gepressten Fasern schiebt das dreiköpfige Düfelsiek-Team mit Hilfe eines Lohnunternehmers zu festen, langgezogenen Silohaufen zusammen. Darüber ziehen Chef und Mitarbeiter eine luftdicht abschließende Silofolie. Anschließend wird diese mit einem Vogelschutznetz abgedeckt und mit Hilfe von Sandsäcken windfest beschwert. „So können wir das ganze Jahr über auf diesen Vorrat zugreifen.“ Die Gülle stammt zur Hälfte von Düfelsieks eigenen Schweinen und zur anderen Hälfte von einem benachbarten Milchviehbetrieb. Im Gegenzug erhält der Kuhbetrieb das vergorene Gärsubstrat zurück, welches er als grünen Mehrnährstoffdünger auf seinen Feldern verwendet.“
Beim Vergären geht es „rührig“ in der Biogasanlage zu!
Unter den drei grünen Kuppeln befinden sich Lagerbehälter, in denen die Biomasse unter Ausschluss von Sauerstoff durch Bakterien zersetzt und zu Gas umgewandelt wird. Die Stoffe werden automatisiert zugeführt und durch ein höhenverstellbares Rührwerk vermischt. „Der Vergärungsprozess verläuft in drei Schritten. Die Masse wandelt sich auf ihrem Weg durch die drei Stationen von breiig zu flüssig.“ Düfelsiek öffnet den Hahn an der Seite des Nachgärers und zapft eine Tasse brauner Suppe ab. „Dieser Gärrest riecht kaum. Wir lagern ihn über den Winter in dem gasdicht abgedeckten Gärrestbehälter, damit dieser zur entsprechenden Zeit im Frühjahr als Düngemittel für die Pflanzen eingesetzt werden kann.“ Da die Bakterien die Stoffe am besten bei Wärme zersetzen, werden die Gärbehälter mit Hilfe innen montierter Heizungsrohre auf Betriebstemperatur von 48 °C erhitzt. „Das Heizungswasser stammt aus der Abwärme von den Blockheizkraftwerken.
Mit dem Gas betreibt der Landwirt Blockheizkraftwerke
In den fünf BHKW auf dem Hof laufen schwere Lkw- und Schiffs-Motoren. Durch das gefilterte Biogas angetrieben, setzen sie große Stromgeneratoren in Bewegung. Dadurch entstehen Strom und Motor-Abwärme. „Den Strom speisen wir komplett ins öffentliche Netz ein und erhalten hierfür eine festgelegte Einspeisevergütung zuzüglich eines variablen Marktpreisanteils.“ Ein weiteres BHKW steht auf dem nahegelegenen Hörmann-Betriebsgelände. Alle erzeugen Strom.
Der variable Marktpreisanteil wird an der Leipziger Strombörse gehandelt und ändert sich ständig. „Wir wollen den Strom dann zu produzieren, wenn der Bedarf in Deutschland am größten ist. Und wir möchten unsere Motoren abstellen, wenn sowieso reichlich Leistung z. B. durch Wind und Sonne im Netz vorhanden ist.“ Mit Hilfe der Firma „e2m“ aus Leipzig werden die Leistungspreise ständig beobachtet und die BHKW-Motoren per Fernschaltung an- oder abgestellt. Der Betreiber betont, das lohne sich: „Bei guten Preisen und hohem Strombedarf starten die Motoren sofort und sind innerhalb von fünf Minuten auf Volllast.“
Die Abwärme aus den BHKW wird in Form von Heizungswasser in ein über zwei Kilometer langes Fernwärmenetz eingespeist und befördert. Hiermit wird die Biogasanlage selbst, die Hofgebäude und Stallungen, eine Holzhackschnitzeltrocknung, ca. 20 Häuser mit Insgesamt 30 Wohnungen und Teile der Hörmann KG -Niederlassung in Brockhagen mit umweltfreundlicher Abwärme versorgt.
Heiße Luft als Holzschnitzel-Föhn
Kurzfristig anfallende, überschüssige Abwärme wird mittels Wärmetauscher und Gebläse in heiße Luft umgewandelt. Diese wiederum nutzt Düfelsiek für die Trocknung von Holzhackschnitzeln für ein nahegelegenes Unternehmen. „Wir leiten die Luft von unten in den mit einem Lochblech-Trocknungsboden ausgestatteten Anhänger. Hier durchströmt die heiße Luft die Hackschnitzel und trocknet diese. Der Heizwert der Hackschnitzel steigt dadurch enorm. Anschließend holt der Auftraggeber die trockenen Schnitzel ab und bringt neue, feuchte Ware.“ Düfelsiek ist zufrieden: „Auch das ist ein Kreislauf – wie fast alles auf diesem Hof.“ ( Birgit Lutzer )